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Interview mit Friedrich Lüpkes

„Dohlenschutzgitter sind ein wirksamer Schutz"

Friedrich Lüpkes
Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Herr Lüpkes, die Dohle ist Vogel des Jahres 2012. Warum ist es so gefährlich, wenn dieser in meinem benutzten Schornstein brütet?

Friedrich Lüpkes:
Jetzt im Frühjahr, wenn der Frost nachlässt, fangen die Dohlen mit dem Nestbau an. Sie leben häufig in ländlichen Gegenden, kommen aber auch vermehrt in Städten vor. Vor allem hier finden sie gute Brutbedingungen und Nahrung. Begehrt für den Nestbau sind nicht nur Stöcke und Zweige, sondern auch Hausmüll wie z.B. Papiertaschentücher, Pappbecher und Plastiktüten – alles was sie finden können. Dohlen sind Höhlenbrüter und Schornsteine – leider nicht nur unbenutzte – sind ideale Nistplätze für diese Vogelart. Dazu kommt, dass sie gerne mit vielen Artgenossen in unmittelbarer Nachbarschaft brüten und die Wahrscheinlichkeit, dass Dohlenjungen, die in einem Kamin schlüpfen dort später selber brüten, ist hoch. Zieht eine Dohle also in einen Schornstein ein, kann schnell die gesamte Nachbarschaft betroffen sein. Wird ein Schornstein durch ein Dohlenschutzgitter vorbeugend verschlossen in dem vormals Dohlen nisteten, zieht der betroffene Vogel oft direkt in den Nachbarschornstein ein.

DohleFür Menschen kann dies sehr schnell gefährlich werden. Denn Dohlen sind gründliche  Baumeister. Sie lassen gesammeltes Material so lange von oben in den Schornsteinschacht fallen, bis es sich verfängt. Danach wird immer weiter mit gut abdichtenden Materialien aufgeschichtet, bis ein dichter und oftmals bis zu 2 Meter hoher Pfropfen entsteht. Jetzt können die Abgase der angeschlossen Feuerstätte nicht mehr durch den Schornstein abziehen. In dieser Situation kommt es, vor allem bei Gasfeuerstätten, zur unvollkommenen Verbrennung und damit zur Bildung von Kohlenmonoxid (CO). Dann sind Menschenleben in Gefahr. Denn CO ist stark toxisch, unsichtbar ,geruchsneutral, und geschmackslos. Durch den Abgasrückstau gelangt das giftige CO schnell in die Wohnung.  Je besser die Wohnung abgedichtet ist, desto gefährlicher ist es. Das hat in der Vergangenheit schon einigen Menschen das Leben gekostet.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Warum suchen sich Dohlen Schornsteine als Brutstätte aus?

Friedrich Lüpkes:
Hier gibt es mehrere Theorien von Fachleuten. Die Dohle scheint in der freien Natur nicht mehr ausreichend Nahrung und Brutstätten zu finden. Dazu kommt, dass sie sich angepasst hat. Früher war sie ein typischer Kirchturmsvogel. Aber hier wurde sie vertrieben, genauso wie aus kleinen Wäldern und Parks. Baumbrüterkolonien gibt es nur noch selten. Vor einigen Jahrzehnten war es noch undenkbar, dass Dohlen in genutzten Schornsteinen brüten, aber durch den größeren Druck neue Brutstellen finden zu müssen, haben sich viele Dohlen in der Stadt auf Schornsteine spezialisiert. Und das geben sie vermutlich auch an ihren Nachwuchs weiter.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Und woran merke ich, dass sich Dohlen in meinem Schornstein eingenistet haben?

Friedrich Lüpkes:
Oft bemerken Bewohner ein Dohlennest erst wenn es zu spät ist. Denn wenn Abgase wegen dem Nest nicht abziehen können, kann es zur Schornsteindurchfeuchtung kommen. Dann fällt das Nest erst auf, wenn man nach dem Grund für z.B. nasse Tapeten sucht. Wenn man seinen Schornstein beobachtet und vermehrt Dohlen bemerkt, die um den Schornstein kreisen, sollte man unbedingt seinen Schornsteinfeger verständigen. Auch Nachbarn können helfen, in dem sie Hausbesitzer darauf hinweisen, wenn sie Dohlen beim Nestbau im Haus gegenüber bemerken.

Ein Alarmsignal ist aber auch, wenn plötzlich und unerklärlich, im Aufstellraum der Feuerstätte die Fensterscheiben beschlagen oder es ungewöhnlich warm ist. Dann gelangen die Abgase vermutlich schon in den Aufstellraum, heizen ihn  auf, deshalb die Wärme und der Wasserdampf setzt sich an der kältesten Stelle, in der Regel die Fensterscheiben oder der Badezimmerspiegel, ab. Hier sollte sofort der zuständige Schornsteinfeger unterrichtet werden.

Mit speziellen Kameras kann Ihr Schornsteinfeger gefährdete Schornsteine inspizieren und einen drohenden Nestbau aufdecken.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen. Was haben Sie schon alles erlebt im Zusammenhang mit Dohlennestern in Schornsteinen?

Friedrich Lüpkes:
Friedrich LüpkesEin beeindruckendes Erlebnis mit Dohlen hatte ich 1995. In meinem Kehrbezirk wäre eine junge Frau fast ums Leben gekommen durch den Bau eines Nestes in dem Schornstein, an dem die Gasfeuerstätte in ihrer Wohnung angeschlossen war. Nur durch viele glückliche Umstände hat sie damals überlebt.

Ansonsten sind meine meisten Erlebnisse mit Dohlen die, an die harte Arbeit um das Nest dieser kleinen Tiere wieder aus dem Schornstein zu bekommen.

 

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Wie kann ich vorbeugen?

Friedrich Lüpkes:
Ein Dohlenschutzgitter bietet zuverlässigen Schutz. Es wird auf dem Schornstein montiert und versperrt den Vögeln den Weg. So können Sie erst gar nicht mit dem Nestbau anfangen. Fragen Sie Ihren Schornsteinfeger. Er berät Sie gerne zum Einsatz von Dohlenschutzgittern, montiert diese fachgerecht und überprüft ob durch das Dohlenschutzgitter vorhandene Widerstände auf dem Abgasweg nicht zusätzlich erhöht werden.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Was ist wenn Dohlen bei mir im Schornstein brüten. Was kann ich machen?

Friedrich Lüpkes:
Bei bewohnten Nestern informiert Ihr Schornsteinfeger die untere Naturschutzbehörde, die das weitere Vorgehen entscheidet. Unbewohnte Nester in benutzten Schornsteinen sollten schnellstmöglich entfernt werden. Ihr Schornsteinfeger ist Ihnen hier gerne behilflich. Es gibt verschiedene Methoden, die Nester zu entfernen. Hierzu wird Spezialwerkzeug eingesetzt wie z.B. schwere Eisenkugeln, die von oben in den Schornstein geworfen werden um das Nest nach unten durchrutschen zu lassen. Hilft dies nichts, kommen Widerhaken zum Einsatz, um das Nest von unten aus dem Schornstein heraus zu holen. Hilft dies auch nicht, muss man den Schornstein als letztes Mittel sogar aufstemmen.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Wenn alle Schornsteine über Dohlenschutzgitter verfügen. Wo finden die Dohlen neue Nestplätze?

Friedrich Lüpkes:
In unbenutzten Schornsteinen. Dies sind wichtige Rückzugsorte für die unter Naturschutz stehende Vogelart. Aber auch Sie können den Dohlen neue Brutplätze anbieten, in dem Sie spezielle Nistkästen aufhängen.

Stephan Langer (Öffentlichkeitsarbeit):

Herr Lüpkes, wir danken Ihnen für das Interview.